Soziale Dialekte – Als wirksame Führungskraft ist es für Sie wichtig, unterschiedliche Kommunikationstypen bei Ihren Mitarbeitern zu erkennen. Damit gelingt es Ihnen in Ihrer Führungskommunikation, erfolgreich auf andere einzugehen.
Im Zusammenspiel mit anderen Menschen sind unterschiedliche Persönlichkeiten schnell wahrnehmbar. Der eine kommuniziert ohne Umschweife auf den Punkt, der andere braucht etwas Zeit, um überhaupt ins Gespräch zu kommen. Wie heißt es in Köln immer so schön „jeder Jeck ist anders“.
Selbsterkenntnis
Wer sich selbst und andere Menschen erkennt, hat den Schlüssel zu einem besseren Miteinander in der Hand. Wenn Sie Ihre eigene Persönlichkeit und die Ihrer Mitarbeiter, Kollegen und Vorgesetzten, mit denen Sie zusammenarbeiten, besser verstehen, beeinflusst das Ihren persönlichen Erfolg und den gemeinsamen Erfolg mit anderen nachhaltig. Zu erkennen, wie Sie kommunizieren, überzeugen und motivieren, ist für Sie ein wichtiger Erfolgsfaktor als Leader. Ihre Aufgabe ist es, die Dynamik von Persönlichkeiten am Arbeitsplatz zu verstehen, um mit ihnen erfolgreich umzugehen und um Ihre gemeinsamen Ziele wirkungsvoll zu erreichen.
Durch eine bewusste Reflexion Ihrer eigenen Potenziale und Bedürfnisse, des von Ihnen bevorzugten Verhaltensstils und der sich daraus ergebenden Führungsrolle begeben Sie sich auf den Weg zur Selbsterkenntnis. Damit vollziehen Sie den ersten Schritt zur Analyse und Weiterentwicklung Ihrer Führungspersönlichkeit, und es gelingt Ihnen auch besser, durch individuelle Ansprache Ihre Mitarbeiter zu motivieren.
Sicher kennen Sie die Situation: Sie fragen sich verwundert, warum Ihr Mitarbeiter Sie offensichtlich wieder nicht verstanden hat. Obwohl Sie sich in Ihrer Erklärung des Sachverhalts so viel Mühe gegeben haben, müssen Sie begründen, präzisieren und in manchen Situationen auch relativieren. Dies passiert Ihnen regelmässig bei ein und demselben Mitarbeitertyp. Er missversteht Sie offensichtlich immer. Ein anderer Mitarbeiter wiederum kann nie auf den Punkt kommen und spricht ständig begeistert von seinen neuen Ideen. Wenn Sie ihn allerdings das nächste Mal danach fragen, weiss er meist gar nichts mehr davon und versucht, Sie von seinen nächsten «neuen Ideen» zu überzeugen.
Unterschiedliche Kommunikation – kein Ideal
Menschen verhalten sich und kommunizieren unterschiedlich, was stark vom individuellen Typ abhängt. Im täglichen Umgang erleben Sie unterschiedliches Kommunikationsverhalten, das vom jeweiligen «Mitarbeitertyp» abhängt. Es gibt kein idealtypisches Mitarbeiter-bzw. Kommunikationsverhalten. Die im Folgenden vorgestellten Ausprägungen sind wertneutral zu verstehen. Denn erfolgreiche Kommunikation hängt in erster Linie vom Verständnis der Gesprächspartner füreinander ab.
Die im Folgenden erläuterten Sozialen Dialekte (vgl. The Social Styles Handbook 2004) beschreiben menschliche Verhaltens- und Kommunikationsweisen nach der Reaktion auf die Umgebung. Jedem Menschen lassen sich bestimmte Verhaltens- und Kommunikationsmerkmale zuordnen. Durch ihr Verständnis für die individuellen Typen und vor allem durch Ihr Eingehen auf deren unterschiedliche Bedürfnisse können Sie die Kommunikation mit Ihren Mitarbeitern wesentlich erfolgreicher gestalten.
Der erste Schritt besteht darin, dass Sie Ihre persönliche Typausprägung und die Ihrer Mitarbeiter erkennen. Im nächsten Schritt finden Sie je nach Persönlichkeitstyp die optimale und individuelle Ansprache, um den Betreffenden im Hinblick auf das gemeinsame Ziel zu sensibilisieren und zu motivieren. Mehr dazu nachfolgend.
Grundausprägungen der Typen nach Sozialen Dialekten
Stellen Sie sich bei der Betrachtung der Grundausprägungen von menschlichen Verhaltensstilen ein Kreuz vor, das sogenannte Persönlichkeitskreuz. Die Nord-Süd-Richtung des Kreuzes symbolisiert, ob im beobachtbaren Verhalten und in der Kommunikation die rationale Dimension oder die emotionale Dimension stärker ausgeprägt ist. Ist der oder die Betreffende mehr verstandes- oder mehr gefühlsorientiert, mehr kopf- oder mehr bauchgesteuert oder beides?
Die Ost-West-Richtung sagt etwas darüber aus, wie jemand auf sein Umfeld Einfluss nimmt. Ist er oder sie eher ein extrovertierter Typ, der aus sich herausgeht, oder ein introvertierter Typ, der eher abwartet? Auch hier gibt es die Möglichkeit, dass beide Ausprägungen vorliegen. Generell lassen sich die unterschiedlichen Kommunikationstypen anhand ihrer grundlegenden Typaus-prägung, ihrer primären Bedürfnisse und ihrer Defizite in den Verhaltensausprägungen beschreiben.
Macher brauchen Ergebnisse
Den Macher werden Sie im Dialog und in seinem Auftreten als aktiv, eindringlich, «auf den Punkt kommend» und manchmal als offensiv empfinden. Macher sind direkt und konzentrieren ihre Bemühungen auf die momentanen Ziele. Das Motto des Machers könnte lauten: «Es gibt viel zu tun, packen wir’s an.» Er entscheidet schnell und wirkt ungeduldig, wenn sich die Dinge nicht so rasch entwickeln, wie er es sich vorstellt. Sein Bedürfnis nach Strukturiertheit lässt ihn im Vorgehen formell und geordnet erscheinen. Der Macher erwartet viel von sich und anderen und führt selbst gern. Dies wird in Verbindung mit seinem Wunsch nach Unabhängigkeit oft als Machtstreben empfunden. Macher fühlen sich gelegentlich missverstanden und wenig anerkannt, wenn deren Umfeld die Ergebnisorientierung nicht teilt. Da hilft zuhören. Auch andere haben brauchbare Ideen, die sich zur gemeinsamen Ergebnisorientierung nutzen lassen.
Expressive brauchen Begeisterung
Sprechen Sie mit einem Expressiven, so empfinden Sie ihn als aktiv, eindringlich und kontaktfreudig. Expressive gehen auf andere zu und scheuen sich nicht, ihre Gefühle zu zeigen. Kreativität und Spontaneität sind ihre Kennzeichen. Disziplin ist Ihnen eher fremd, ebenso nüchterne Objektivität oder langweilige Routine. Sie können aber inspirierend sein und andere mitreissen. Ihre spontane Begeisterungsfähigkeit führt nicht selten dazu, dass sie die Realität durch eine rosarote Brille sehen. Dabei wirkt der Expressive eher lässig und braucht eine abwechslungsreiche Tätigkeit, in der er seine Kreativität entfalten kann. Wie ein Schauspieler auf der Bühne geniesst er seine gefühlsbetonte Selbstdarstellung. Diese Abhängigkeit vom Beifall der anderen macht den Expressiven selbst sehr beeinflussbar.
Sind Sie selbst expressiv, so können Sie Ihre Beziehungen und Ihren Erfolg dadurch optimieren, dass Sie sich etwas mehr Zeit nehmen und abwägen. Stürzen Sie sich nicht kopfüber in Situationen, deren Tragweite Sie noch nicht abschätzen können. Nehmen Sie das Tempo aus dem Spiel, disziplinieren Sie sich mehr und prüfen Sie, bevor Sie handeln. Machen Sie sich bewusst, dass nicht alle Menschen Ihren Hang zum Ausdruck von Gefühlen teilen und sich unter Umständen vor den Kopf gestossen fühlen. Wenn Sie das beherzigen, dann können Sie auch diejenigen stärker inspirieren, die bisher eher Distanz zu Ihnen gehalten haben.
Verbindliche brauchen persönliche Beziehungen
Der Verbindliche erscheint Ihnen im Gespräch freundlich, lässig, ungezwungen und informell. Er legt grossen Wert auf persönliche Beziehungen und schätzt dementsprechend Vertrauen, Verständnis und Freundlichkeit. Verbindliche sind sehr sensibel für die zwischenmenschliche Atmosphäre. Wie Seismografen spüren sie, wenn etwas in der Luft liegt, und scheuen sich nicht, zu vermitteln oder Konflikten vorzubeugen. Die Zugänglichkeit des Verbindlichen macht ihn beeinflussbar, da er Wert auf gute Beziehungen legt. Er ist nicht selten daran interessiert, andere zufriedenzustellen.
Verbindliche entwickeln wenig Eigeninitiative und brauchen die Anleitung anderer. Wenn Sie eine Tendenz zum Verbindlichen haben und Ihre Stilmöglichkeiten erweitern möchten, dann sagen Sie hin und wieder Nein. Gehen Sie kleine Risiken ein und setzen Sie sich Ziele, die Sie herausfordern und die Sie auch erreichen können. Übernehmen Sie die Initiative. Dieses Vorgehen wird anderen Menschen signalisieren, dass Sie nicht nur der kompromissbereite Vermittler sind, für den viele Sie halten. Manch einer, der Sie heute nicht so ganz ernst nimmt, wird dann darüber staunen, wie entschieden Sie sein können.
Analytiker brauchen Klarheit
Einen Analytiker können Sie daran erkennen, dass er in der Hauptsache bestrebt ist, die Ursachen und Zusammenhänge rational und logisch zu erfassen, um zu optimalen und richtigen Ergebnissen zu gelangen. Dazu stellt er gern gezielte Fragen, sammelt Fakten und studiert die Daten eingehend. Dies erweckt bei anderen leicht den Eindruck der Langsamkeit. Weil er zudem seine Gedanken nicht spontan äussert, direktive und eindringliche Verhaltensweisen vermeidet, wird er als vorsichtig, reserviert und nicht selten als steif empfunden. In der Kommunikation legt der Analytiker bei sich selbst und beim anderen grossen Wert auf Korrektheit. Spontane und nicht so ordentliche Menschen erzeugen häufig Spannungen in ihm, die sich nach einer gewissen Zeit in plötzlich gezeigten Emotionen ausdrücken.
Für Sie als Analytiker beginnt die Optimierung Ihres Verhaltensstils damit, dass Sie sagen, was Sie denken. Ihre Gefühle können andere nicht erahnen. Zeigen Sie diese öfter. Äussern Sie Ihre Gedanken spontaner und zeigen Sie, dass Sie zügig entscheiden können, um den Eindruck der Langsamkeit zu vermeiden.
Soziale Dialekte: So kommunizieren Sie effektiv
Wichtig für Sie zum Verständnis der Sozialen Dialekte ist, dass jeder Mensch von allen vier Sektoren Anteile in sich vereint, wobei der jeweilige Anteil unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann.
Jede Kombination von Verhaltensausprägungen ist als wertneutral zu sehen. Das Entscheidende ist, dass Sie erkennen, wo Sie sich selbst befinden. Dies erschliesst Ihnen, wie Sie in Führungssituationen noch erfolgreicher mit anderen umgehen: Jeder Mitarbeitertypus hat dort Schwachpunkte, wo der ihm diagonal gegenüberliegende Typus stark ist. So braucht der Macher genau das, was der Verbindliche im Überfluss hat: die Fähigkeit zuzuhören. Andererseits benötigt der Verbindliche das, womit der Macher reich ausgestattet ist: Initiative. Der Expressive braucht das, was der Analytiker ausgiebig hat: Kontinuität und Besonnenheit. Und der Analytiker braucht etwas von dem, was dem Expressiven von Natur aus gegeben scheint: Entscheidungsfreude. Durch das Verstehen der Kommunikations- und Verhaltenstypen und deren Bedürfnisse können Sie diese zielgerichtet und klarer ansprechen und so Ihr Gegenüber besser erreichen und nachhaltiger motivieren.
Macher/Analytiker
Soziale Akzeptanz resultiert dabei in erster Linie aus Ihrem Vermögen, sich den anderen Kommunikationstypen in deren Bedürfnissen und den daraus resultierenden Handlungen anzunähern. Die Annäherung bedeutet für die gefühlskontrollierten Typen des Machers und Analytikers, dass sie ihr gefühlsbetontes Verhalten verstärken.
- Verbalisieren Sie Gefühle.
- Machen Sie ehrlich empfundene persönliche Komplimente. ·
- Seien Sie bereit, Zeit auf Beziehungen zu verwenden.
- Engagieren Sie sich in Konversation und zeigen Sie sich gesellig.
- Verwenden Sie eine freundliche und auch nonverbale Sprache.
Expressiver/Verbindlicher
Sind Sie mehr der gefühlsauslebende Typ des Expressiven und des Verbindlichen, dann nehmen Sie emotionale Verhaltensweisen stärker zurück.
- Sprechen Sie weniger.
- Zeigen Sie Ihre Begeisterung zurückhaltender.
- Gründen Sie Ihre Entscheidungen mehr auf Fakten.
- Halten Sie stärker ein, was Sie zusagen.
- Erkennen Sie auch an, was andere denken.
Verbindlicher/Analytiker
Finden Sie sich bei den Kommunikationstypen des Verbindlichen und des Analytikers wieder, sollten Sie bestimmter auftreten.
- Kommen Sie schneller zum Wesentlichen.
- Informieren Sie mehr aus eigenem Antrieb.
- Vertreten Sie Ihre eigene Meinung mit Selbstbewusstsein.
- Handeln Sie aus Ihrer eigenen Überzeugung.
- Beginnen Sie selbst mit einer Konversation.
Macher/Expressiver
Tendieren Sie mehr zu den Typen des Machers und des Expressiven, sollten Sie ein weniger bestimmendes Verhalten an den Tag legen.
- Fragen Sie nach der Meinung der anderen.
- Halten Sie sich tendenziell zurück beim Entscheidungsprozess.
- Hören Sie zu, ohne zu unterbrechen.
- Passen Sie sich den anderen in deren Umgang mit der Zeit eher an.
- Überlassen Sie auch anderen die Führung.
Durch Ihr Führungsverhalten beeinflussen Sie Ihre Mitarbeiter. Es ist Ihre Aufgabe, sich selbst zu erkennen und Ihre Mitarbeiter und Ihr Team weiterzuentwickeln. Dies können Sie durch eine typspezifische Ansprache der einzelnen Mitarbeiter positiv beeinflussen. Wenn Sie die unterschiedlichen Typen und deren Bedürfnisse in Ihrer Kommunikation berücksichtigen, erzielen Sie mehr Motivation und Akzeptanz, weil sich Ihre Mitarbeiter besser verstanden fühlen. Als Leader erhöhen Sie Ihre soziale Akzeptanz und erreichen damit einen produktiveren Umgang mit Ihrem Umfeld.
Über den Autor:
Dr. Matthias Hettl ist als international bekannter Managementberater, Trainer und Coach für Vorstände, Geschäftsführungen und Führungskräfte tätig. Er vertrat eine Professur für Management, verfügt über langjährige Führungserfahrung, u. a. als Aufsichtsrat, Geschäftsführer sowie auch international als Consultant bei den Vereinten Nationen. Als renommierter Speaker ist er ein gefragter Management- und Führungsexperte.