3 Dinge für jeden Projektleiter
3 Dinge für jeden Projektleiter: In vielen Unternehmen ist die Arbeit in verschiedenen Projekten und ohne Weisungsbefugnis Alltagsgeschäft. So kann es sein, dass ein Assistent die Verantwortung für die Durchführung eines wichtigen Vertriebsprojektes erhält, ein Teammitglied ein komplexes IT-Projekt mit einem anderen Fachbereich realisieren muss oder ein Mitarbeiter in einer Matrixorganisation mit seinen Kollegen in ganz Europa ein neues Logistikkonzept erstellen muss. Und das ohne direkte Führungsfunktion.
In zunehmendem Maße verschwimmen Hierarchien. Aufgaben und Projekte werden immer häufiger über Abteilungs- und Tochterunternehmensgrenzen hinweg realisiert. Die Projekt- bzw. Matrixorganisation gewinnt immer mehr an Bedeutung und das führt dazu, dass derjenige, der auf Zeit Führungskraft ist, sich einer Vielzahl von Herausforderungen gegenübersieht.
Rolle und Rollenkonfilikt
Das beginnt zum einen mit dem Rollenkonflikt – muss ich jetzt als Führungskraft agieren, wo ich doch sonst eher Aufgaben übernehme und abarbeite? Es führt über eine unklare Auftragserteilung nach der Devise: “Fangen Sie schon einmal an, dann sehen wir schon wohin es geht.” Bis hin zu unklaren Machtverhältnissen, wenn ein ranghöherer Manager sich querstellt oder ein wichtiger Experte das Projekt zu boykottieren droht.
Schwierig ist solch eine Situation naturgemäß deshalb, weil andere geführt werden müssen, die einem nicht direkt unterstellt sind und diese neigen eher dazu, weniger Respekt zu zeigen, als vor ihren direkten Vorgesetzten. Darüber hinaus sind die neuen Kollegen, die eigentlich im eigenen Projekt mitarbeiten sollen auch noch in andere Routineaufgaben involviert, die meist Vorrang haben. In der Praxis werden oftmals die wenigen guten Fachleute in zu vielen Projekten gleichzeitig eingesetzt und damit sind Konflikte vorprogrammiert.
Grundsätzlich lassen sich drei relevante Bereiche erkennen, die den Erfolg des Führens ohne Weisungsbefugnis beeinflussen. Diese sind:
- die sachlich-organisatorische Managementebene,
- die menschlich-persönliche Kollegenebene und
- das eigene Rollenverständnis.
1. Die Managementebene
Wichtig ist zu Beginn, wie das auch beim klassischen Projektmanagement praktiziert wird, dass ein klarer Auftrag, mit einem klaren Ziel, einer Zeitvorgabe und einer Ergebnisbeschreibung formuliert wird. Hier wird oftmals bereits losgelaufen, ohne dass ein klarer Auftrag erteilt worden ist.
Zudem muss eine Zuordnung von Ressourcen erfolgen und das so, dass jeder übergeordnete Vorgesetzte eingebunden ist, wenn seine Mitarbeiter für das Projekt oder die übergreifende Aufgabe verplant werden.Dazu dient ein Steuerkreis. Dieser kann auch nur zwei oder drei Vorgesetzte umfassen. Wichtig ist, dass mit diesem Instrument eine Entscheidungsebene geschaffen wird, in der strittige Punkte besprochen und unterschiedliche Interessen geklärt werden können. Das ist aus Managementsicht ein wichtiges Erfolgsprinzip.
Wichtig ist außerdem, dass die Führungskraft ohne Weisungsbefugnis vom hierarchisch obersten Chef in seine Position auf Zeit inthronisiert wird. Dies erfolgt idealerweise in Form einer Kick-off Veranstaltung, in der alle Personen vorgestellt, miteinander bekannt gemacht und – je nach Umfang – die gemeinsame Aufgabe bzw. das Projekt und seine Ziele sowie die zeitlichen Fixpunkte dargestellt werden. Damit sind die grundlegenden Voraussetzungen für den Erfolg ohne Weisungsbefugnis gelegt.
2. Die Kollegenebene
Wenn es Ihnen möglich ist, dann versuchen Sie bei der Zusammensetzung des Teams mitzuwirken. Oftmals ist diese schon durch die Aufgabe bzw. das Projekt als solches vorgegeben. Falls es die Möglichkeit gibt sollten Sie sich die am besten geeignetsten Kollegen aussuchen bzw. diese dem Auftraggeber oder dem Steuerungsausschuss vorschlagen.
Sensibilisieren Sie sich zu Beginn auch für ein unterschiedliches Herangehen Ihrer Kollegen an die Aufgaben bzw. das Projekt. Insbesondere wenn Ihre Aufgabe über Ländergrenzen hinweg zu erledigen ist, ergibt sich ein vermehrter Abstimmungsbedarf. Das nicht nur allein wegen unterschiedlicher Sprachen, sondern insbesondere auch wegen unterschiedlicher Arbeits- und Vorgehensweisen.
Auch sollen Sie unterschiedliche Interessenlagen und Motive berücksichtigen. Zwar kostet das Zeit, doch wenn Sie zu Beginn Klarheit über das gemeinsame Ziel schaffen und auch klären, wie Sie bei möglichen Schwierigkeiten miteinander umgehen wollen, dann schafft das Akzeptanz und ein gemeinsames Verständnis für die zu erledigende Aufgabe.
3. Das eigene Rollenverständnis
Sie sind wie der amerikanische Vizepräsident „einen Herzschlag von der Macht entfernt“. Das heißt für Sie, dass Sie, wenn auch nur vorübergehend, in die Rolle einer guten Führungskraft schlüpfen müssen.
Akzeptieren Sie Ihre Rolle als Vizepräsident. Nähern Sie sich Ihren Kollegen auf Augenhöhe, Anweisungen würden Ihre Akzeptanz deutlich beeinträchtigen. Das Mittel der Wahl ist das Gespräch. Falls dies nicht mehr nützt, ist Ihr Mittel zur Eskalation die Frage an Ihren Kollegen, ob er zum Projektausschuss gehen möchte, ob Sie gehen sollen oder ob Sie es zu zweit machen sollen.
Wichtig ist, dass Sie mehr die Rolle eines Moderators annehmen, der eine maximale Verantwortung für die Ergebnisse und der Prozess als solches hat. Wenn es bei der Zusammenarbeit immer wieder an einer Stelle hakt, kann eine gemeinsam festgelegte Veränderung der Regeln Wunder bewirken. Das gilt für kleine Streitpunkte wie Terminabsprachen, aber auch für das Lösen von größeren, festgefahrenen Problemen.
Was Sie ebenfalls berücksichtigen müssen, ist Ihre eigene Rolle in der Machtstruktur in Ihrem Unternehmen. Wie steht Ihr Linienvorgesetzter zu Ihrer Aufgabe bzw. Ihrem Projekt. Unterstützt er Sie bzw. wie können Sie ihm aufzeigen, dass das Projekt auch für ihn bzw. die Abteilung oder den Bereich als Ganzes wichtig ist.
Schauen Sie sich auf alle Fälle die Macht- und Interessenstruktur bezüglich Ihres Auftrages an und verhalten Sie sich diplomatisch und professionell im Umgang. Gehen Sie gegebenenfalls auf die Person zu und schaffen Sie durch Offenheit, Transparenz, Beteiligung und Einbindung Vertrauen, denn es soll nachvollziehbar sein, was Sie vorhaben und so gelingt Ihnen auch die Führung ohne Weisungsbefugnis.
Über den Autor:
Dr. Matthias Hettl ist als international bekannter Managementberater, Trainer und Coach für Vorstände, Geschäftsführungen und Führungskräfte tätig. Er vertrat eine Professur für Management, verfügt über langjährige Führungserfahrung, u. a. als Aufsichtsrat, Geschäftsführer sowie auch international als Consultant bei den Vereinten Nationen. Als renommierter Speaker ist er ein gefragter Management- und Führungsexperte.