Die Geschichte mit den Orangen
Die Geschichte mit den Orangen – Vor einiger Zeit war ich auf einer Weiterbildung in den USA und hörte einen Vortrag von einem bekannten amerikanischen Speaker, der eine interessante Geschichte erzählte, bei der es um das Geheimnis des Weiterkommens im Beruf ging.
Es ging um einen jungen Hochschulabsolventen namens John, der für ein in den USA sehr bekanntes Unternehmen in Riverside in Kalifornien arbeiten wollte. Dieses Unternehmen faszinierte ihn schon immer.
Nachdem er sich bewarb und sich im Vorstellungsgespräch gut geschlagen hatte, bekam er auch den Job. Sein Ziel war es, nach der Einarbeitung einen guten Eindruck zu hinterlassen und die nächste Stufe auf der Karriereleiter anzupeilen. Er wollte Abteilungsleiter werden.
Daher erledigte John alle seine Aufgaben immer pünktlich und zur Zufriedenheit seiner Vorgesetzten. Motiviert begann er seine Tage immer etwas früher als seine Chef und hörte immer etwas später auf als er. Dann endlich ergab sich die Gelegenheit. Nach drei Jahren wurde die Stelle eines Abteilungsleiters ausgeschrieben.
Chance als Abteilungsleiter
Auch hier bewarb sich John, mit dem sicheren Gefühl, dass er die Stelle bekommen würde. Doch zu seiner großen Enttäuschung erfuhr er, dass er nicht berücksichtigt wurde. Ein Mitarbeiter, der erst seit 10 Monaten im Unternehmen war, erhielt die Stelle. Nachdem sich seine erste Enttäuschung gelegt hatte, ging er zu seinem Chef und bat ihn um ein Gespräch.
Sein Vorgesetzter fragte ihn, um was es denn gehe. Daraufhin antwortete er: „Es geht darum, dass ich mich darüber wundere, warum sie mir nicht die Stelle gegeben haben. Ich war doch die letzten Jahre fleißig, zuverlässig und habe auch immer Überstunden gemacht.“
Der Vorgesetzte sagte zu John: „Bevor ich ihre Frage beantworte, hätte ich eine Bitte an Sie“. Daraufhin fragte John, wie er denn behilflich sein könne. Der Chef sagte: „Würden Sie bitte in den kleinen Supermarkt auf den anderen Seite der Straße gehen und mir dort ein paar Orangen kaufen. Meine Frau hat mich gebeten, ihr diese mitzubringen. Und da ich später noch eine längere Besprechung habe, weiß ich nicht, ob ich es rechtzeitig schaffe, diese einzukaufen.“ John erwiderte: „Das ist kein Problem, ich gehe gleich los.“
Die Extrameile
Als John nach kurzer Zeit zurückkam, fragte ihn sein Chef: „Welche Sorte haben Sie denn gekauft?“ „Na Orange“, erwiderte John. „Sie haben mir doch gesagt, dass ich Orangen kaufen soll“. Und weiter „das habe ich genauso gemacht, wie sie es mir aufgetragen haben. Hier bitte schön ist die Tüte mit den Orangen.“
Daraufhin fragte ihn sein Chef: „Wie viel haben sie denn gekostet?“ und John antwortete: „So ganz genau weiß ich das nicht mehr“. Er meinte weiter: „Sie haben mir jedenfalls 30 Dollar gegeben. Hier sehen Sie, dass sie 20 Dollar und 30 Cent gekostet haben. Den Beleg habe ich hier und das Wechselgeld stimmt auch, sie können es gerne nachzählen.“ Daraufhin erwiderte sein Chef „Vielen Dank“.
So jetzt nehmen Sie doch bitte Platz, sagte er zu John. Ich bin ihnen ja noch eine Antwort schuldig. Zur Verwunderung von John rief er den Mitarbeiter zu sich, der die Beförderung erhalten hatte und sagte zu ihm: „Würden Sie bitte in den kleinen Supermarkt auf den anderen Seite der Straße gehen und mir dort ein paar Orangen kaufen. Meine Frau hat mich gebeten, ihr diese mitzubringen. Und da ich später noch eine längere Besprechung habe, weiß ich nicht, ob ich es rechtzeitig schaffe, diese einzukaufen.“ Auch dieser Mitarbeiter erklärte sich einverstanden und ging in den kleinen Supermarkt. Der Chef bat John, dass er ihn wieder holen würde, wenn der Kollege zurückkommt.
Verschiedene Orangen
Als dieser ebenfalls nach kurzer Zeit wiederkam, holte er erst John in sein Büro und fragte den neuen Abteilungsleiter: „Welche Sorte haben Sie denn gekauft?“ „Nun ja“, erwiderte er. „Das war gar nicht so einfach, denn der Supermarkt ist auf unterschiedliche Orangen spezialisiert. Es gab da ziemlich viele verschiedene Sorten. Angefangen bei den Rot-Blondorangen, Blondorangen, Navelorangen, Bitterorangen, Vier-Jahreszeitenorangen und viele mehr.
Ich wusste erst nicht, welche ich kaufen sollte. Dann ist mir eingefallen, dass Sie sagten, dass Ihre Frau die brauchen würde. Dann habe ich Ihre Sekretärin angerufen, ihr den Fall geschildert und sie gebeten, mich mit ihrer Frau zu verbinden. Glücklicherweise war sie zu Hause. Sie hat mir gesagt, dass sie wegen einer Party für die Cocktails eine ganze Reihe die Orangen benötigen würde.
Dann habe ich den Verkäufer gefragt, welche Sorte denn für diesen Fall die besten wären. Er meinte, dass in diesem Fall die Navalorangen die beste Wahl seien, da diese sich für diesen Zweck aufgrund ihrer Süße und Saftigkeit besonders eignen. Zudem habe ich mir erlaubt, die Orangen bei Ihrer Frau abzugeben. Sie wohnen ja mehr oder weniger direkt ums Eck, das war wirklich kein Umweg. ihre Frau hat sich jedenfalls sehr gefreut.
Passion und Excellence
„Wie viel haben sie denn gekostet?“, fragte sein Chef. „Tja, das war auch so eine Sache. Mir war ja erst nicht klar, wie viel ich kaufen sollte. Da habe ich auch noch ihre Frau gefragt, wie viele Gäste sie erwartet. Sie sagte mir Fünfundzwanzig. Dann habe ich den Verkäufer gefragt, wie viele Orangen man denn braucht, um Cocktail Saft für fünfundzwanzig Leute zu machen. Es waren ziemlich viele.
Daraufhin habe ich um einen besseren Preis gebeten, und diesen auch bekommen. Eigentlich kostet so eine Navalorange 85 Cent, aber ich habe letztlich nur 70 Cent bezahlt. Und bitte wundern sie sich nicht. Denn ich habe dem Verkäufer gebeten auch noch ein kleines Stückchen Ingwer beizulegen. Das stand als Empfehlung zur Zubereitung für Cocktails auf einem Aufsteller im Laden. Denn mit einer hauchfeinen Note Ingwer soll der Orangensaft noch etwas besser schmecken und gesünder sein. Hier haben Sie das Wechselgeld und den Beleg.“
Der Chef sagte lächelnd: „Danke. Sie können gehen.“ Er sah zu John hinüber, der das alles beobachtet hatte. John sagte: „Ich verstehe, was Sie meinen.“
Die Geschichte mit den Orangen ist eine gute Metapher, die verdeutlicht, mit welchem unterschiedlichen Engagement, mit welchem unterschiedlichen Mitdenken Mitarbeiter ihre Arbeit tun. Es geht nicht nur darum, Aufgaben zu erledigen, sondern diese mit Passion und Erstklassigkeit zu tun. Einfach ausgedrückt, die Extrameile zu gehen und das bringt jeden weiter, der dazu bereit ist.
Über den Autor:
Dr. Matthias Hettl ist bekannt als internationaler Managementberater. Er trainiert und coacht Vorstände, Geschäftsführungen und Führungskräfte. Zudem vertrat er eine Professur für Management und verfügt über langjährige Führungsexpertise. Erfahrung hat er als Aufsichtsrat, Geschäftsführer sowie auch international als Consultant bei den Vereinten Nationen. Als renommierter Management- und Führungsexperte ist er ein gefragter Speaker.